Ein Bericht über die 47. Internationale Physik-Olympiade 2016 in Zürich von Helmuth Mayr

Zirka 400 Jugendliche aus 87 Nationen

img 7174 b 1024Am 10. Juli 2016 trafen etwa 400 Jugendliche samt deren Begleitpersonen in Zürich ein. Wie üblich wurden die Schülerinnen und Schüler in einem anderen Hotel einquartiert als wir Leader. Jedem Team wurde ein „guide“ zugeordnet, der oder die ab sofort für die Teilnehmer/innen verantwortlich war.

Am 11. Juli 2016 wurde dann die 47. Internationale Physik-Olympiade-2016 feierlich eröffnet. Anschließend genossen die jungen Talente eine Exkursion. Uns Leadern hingegen wurden die beiden experimentellen IPHO-Aufgaben vorgestellt. Wie üblich gab es stundenlange Diskussionen und Beratungen hinsichtlich der Textierung und ähnlichem einschließlich der Skala der zu vergebenden Punkte für diverse Lösungsschritte. Anschließend machten wir uns ans Werk, die im „internationalen Englisch“ abgefassten Aufgaben in die diversen Landessprachen zu übersetzen, was in den meisten Fällen bis in die frühen Morgenstunden dauerte.

 


Experimenteller Wettbewerb

28233971146 64bf7b89cdAm nächsten Tag, dem 12. Juli, wurden alle teilnehmenden Schüler/innen in zwei Gruppen geteilt. Die erste Gruppe begann mit der Bearbeitung der experimentellen Aufgaben am frühen Morgen [Österreich war bei dieser Gruppe], die andere Gruppe führte dies am Nachmittag durch.

Dazu wurde jedem Teilnehmer/jeder Teilnehmerin ein Arbeitsplatz zugewiesen, der durch Seitenwände von den benachbarten Arbeitsplätzen abgegrenzt war, wie das nebenstehende Foto zeigt.

Es gab zwei Experimente:

exp 1 kontaktstifteMit dem ersten Experiment waren die Leitfähigkeiten diverser dünner Schichten zu analysieren, zu vermessen, die Daten auszuwerten und diverse Größen zu bestimmen.

exp 2 materialienBeim zweiten Experiment ging es um ein Modell von Phasen-Übergängen. In einem schwingenden Zylinder war eine nicht sehr hohe Trennwand montiert. Wurde der Zylinder mit einer bestimmten Menge von Pflanzensamen befüllt, führten geeignete Schwingungen dazu, dass sich die eine Zylinder-Hälfte auf Kosten der anderen entleerte. Auf diese Weise wurden modellmäßig diverse Details von Phasenübergängen analysiert, vermessen, die Daten ausgewertet und charakteristische Größen bestimmt.

Beide Experimente waren innerhalb von 5 Stunden zu bewältigen, was nur einer eher kleinen Anzahl von Schüler/innen in vollem Umfang gelang.

Beide Experimente zusammen ergaben maximal 20 Punkte.

 


Theoretischer Wettbewerb

Der Theorie-Wettbewerb folgte einem ähnlichen Schema. Zunächst wurden wir Leader am 13. Juli mit den drei theoretischen Aufgaben konfrontiert, hatten diese wiederum zu analysieren, zu diskutieren, diverse Änderungen zu beschließen, die zugehörigen Punkte-Werte zu genehmigen und schlussendlich wieder in die Landessprachen zu übersetzen. Dies dauerte den ganzen Tag bis nach Mitternacht.

Wie üblich gab es drei Theorie-Aufgaben, die innerhalb von wiederum 5 Stunden zu bearbeiten waren. Statutengemäß waren alle drei Theorie-Aufgaben insgesamt 30 Punkte wert.

Theorieaufgabe 1

th 1 zylDies war eine mechanische Aufgabe, die zwei Teile hatte. Im ersten Teil ging es um eine hölzerne Scheibe, in deren Innerem sich eine kleinere Metallscheibe außerhalb der Mitte versteckte. Durch die Analyse vom Verhalten dieser Scheibe(n) auf einer schiefen Ebene und bestimmten Schwingungen waren die Lage und weitere Daten der Metallscheibe zu ermitteln.

th 1 raumstationIm zweiten Fall wurde angenommen, dass sich zwei Personen in einer Raumstation befinden, die ein riesiges, rotierendes Rad ist. Da sich eine dieser Personen auf der Erde wähnte, die andere aber überzeugt war, in so einer Raumstation zu sein, versuchte letztere die erstere mit Hilfe diverser Experimente und deren Ausgang davon zu überzeugen, dass sie sich nicht auf der Erde befinden.

Alle diese Experimente waren nachzuvollziehen, zu analysieren, deren Ausgang zu berechnen und aus den Ergebnissen korrekte Schlussfolgerungen zu ziehen.

Theorieaufgabe 2

th 2 kennlinieDas „Herz“ dieser Aufgabe war ein nicht-linearer elektrischer Bauteil (genannt Bauteil X), dessen U-I-Kennlinie einem idealisierten Thyristor glich. Nach der Untersuchung von stabilen und nicht-stabilen Systemzuständen waren zwei Schaltungen dieses Bauteils mit einem Widerstand, einem Kondensator und einer Konstant-Spannungs-Quelle zu analysieren und deren System-Verhalten zu untersuchen und zu berechnen, einschließlich möglicher Schwingungszustände.

Dies führte zu einem weiteren idealisierten Bauteil, der „Neuristor“ genannt wurde und dessen Verhalten den Neuronen unseres menschlichen Nervensystems ähnelt. Dessen prinzipielles Verhalten war ebenfalls zu analysieren.

Theorieaufgabe 3

In der dritten Theorie-Aufgabe wurden der LHC und ein Linear-Beschleuniger betrachtet. Zunächst ging es um das Verhalten diverser Teilchen im Beschleunigerkreis einschließlich deren Abstrahlungsverhalten.

In zweiten Teil wurde ein Linearbeschleuniger betrachtet und ein Verfahren vorgestellt, wie man mit diesem diverse Teilchen identifizieren kann. Nach der Berechnung spezieller Größen im Linearbeschleuniger-System hatten die Schüler/innen auf Grund gegebener Daten diverse Teilchen zu identifizieren.

 
Korrektur

Die Arbeiten aller Jugendlichen wurden kopiert und wir Leader bekamen die Arbeiten unserer Schüler/innen zwecks Korrektur nach dem vorher ausgemachten Punkteschema. Parallel dazu arbeiteten viele Korrektur-Teams der Universität Zürich, die jeweils für die Korrektur von etwa 20 Nationen zuständig waren. Wir Leader hatten dafür am 15. Juli den ganzen Tag Zeit, und diese Zeit benötigten wir dringend.

Am darauf folgenden Tag wurden so genannte „Moderations“ abgehalten, d.h. wir Leader konnten mit den zuständigen Korrektoren über Details, mögliche Unklarheiten, Missverständnisse udgl. verhandeln, um für alle unsere Schützlinge eine faire Punkteanzahl fest zu legen.

Anschließend gab es wieder eine Sitzung aller Leader (das so genannte „International Board“), in der diese Punkteanzahlen durch Abstimmung fixiert wurden.

Alle Aufgaben und Lösungen finden sich im Downloadbereich.

 

Preisränge

In den IPHO-Statuten ist festgehalten, nach welchem Schema die Preise zu vergeben sind. Vergeben werden Gold-, Silber- und Bronze-Medaillen und so genannte Honourable Mentions (HM).

Für eine Gold-Medaille mussten heuer mindesten 39,8 Punkte, für ein Silber-Medaille mindestens 30,7 Punkte, für eine Bronze-Medaille mindestens 22,7 und für eine Honourable Mention mindestens 17,5 Punkte erzielt werden.

 

Österreichische Leistungen

Heuer bestand das österreichische Team aus den folgenden fünf Jugendlichen (in alphabetischer Reihenfolge):

a) Jonas Bodingbauer; Oberösterreich, IV. Jahrgang / HTL-Leonding

b) Katharina Buczolich; Burgenland, IV. Jahrgang / HTL-Eisenstadt

c) Michael Pfeifer; Kärnten, 8. Klasse / BG/BRG-Klagenfurt-Mössingerstraße

d) Florian Rudinger; Oberösterreich, 8. Klasse / Europagymnasium-Linz

e) Alexander Theis, Tirol, 8. Klasse / BRGBORG-St.Johann

Erfreulicherweise errangen alle unsere Teilnehmer einen Preis, und zwar:

Alexander Theis 17,5 Pkt. Honourable Mention
Florian Rudinger 23,0 Pkte. Bronze-Medaille
Katharina Buczolich 23,8 Pkte. Bronze-Medaille
Jonas Bodingbauer 26,3 Pkte. Bronze-Medaille
Michael Pfeifer 33,5 Pkte. Silber-Medaille

 

 

 

 

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(Das österreichische Team von links nach rechts: Alexander Theis, Prof. Helmuth Mayr, Katharina Buczolich, Prof. Marianne Korner, Florian Rudinger, Michael Pfeifer, Prof. Engelbert Stütz, Jonas Bodingbauer)

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Herzliche Gratulation an alle !

 

Wien, im Juli 2016


Helmuth Mayr
Delegationsleiter

Weitere Bilder finden sich in der Fotogalerie.