Das James-Webb Teleskop, eine Kette aus Magneten, allerlei Erstaunliches im Zusammenhang mit scaling laws und zwei wunderbare Online-Experimente.

Von 9. – 18. Juli 2022 fand die Internationale Physikolympiade statt. Die Veranstaltung wurde durch die Schweizer Organisatoren online organisiert, dennoch trafen einander einige Teams, darunter auch unseres, on-site in Dänemark. Österreich nahm mit 5 Schülerinnen und Schülern teil, die zuvor Trainingskurse im SchülerInnen-Forschungszentrum der Universität Wien, Fakultät für Physik und am Erwin Schrödinger Institut für Physik und Mathematik (ESI) absolvierten:

Maximilian Auer, Elias Koschier, Simon Marcher, Anja Piecuch und Haolei Zhang

Das heurige, junge Team Austria konnte mit 3 Honourable Mentions einen Achtungserfolg erringen.

logo ipho2022 mid

Auch 2022 war die Austragung der 52. IPhO geprägt von kurzfristigen Änderungen:

Da die Ausrichtung durch Belarus aufgrund der derzeitigen politischen Lage nicht stattfinden konnte, hatte der Schweizer Physikolympiade-Verein kurzerhand angeboten, eine Online-Variante der IPHO auszurichten. Gleichzeitig ermutigten sie benachbarte Länder, an einem Ort zusammenzukommen und so zumindest in kleinem Rahmen eine Austragung in gewohnter Weise zu ermöglichen. Für die Planung standen jedoch nur unglaublich kurze zweieinhalb Monate zu Verfügung.

Bei der Suche nach einem geeigneten Austragungsort – der Schwerpunkt lag hier auf einem geeigneten Prüfungsraum und einer leistungsstarken Internet-Verbindung – hat sich der Suchradius bis auf Dänemark erweitert und schließlich fiel die Wahl auf ein Internat in Stidsholt, das im Sommer leer steht. Stidsholt selbst ist eine kleine Ortschaft in Nordjütland, ca. 10 km südwestlich von Saeby, die fast ausschließlich aus den Gebäuden des Internats besteht.

An diesem Ort trafen sich Schüler*innen, Leader*innen sowie Observer*innen aus 8 Ländern:

Schweiz, Österreich, Luxemburg, Schweden, Belgien, Frankreich, Island und Israel

 
Ablauf und Team

Die Stimmung unter allen Teilnehmern*innen war großartig – durch die relativ kleine Gruppe hat sich ein Kennenlernen der Teammitglieder der verschiedenen Nationalitäten natürlich ergeben. Die Veranstalter haben eindrucksvoll gezeigt, dass eine derartige Veranstaltung mit wenig Aufwand, kurzer Vorbereitungszeit und Mithilfe aller Beteiligten professionell durchgeführt werden kann. Auch wurde ein ziemlich sportliches Rahmenprogramm für die Schülerinnen und Schüler geboten (zu Erinnerung: walking distance kann durchaus 10 km bedeuten), sowie ein Karaoke Abend und am Freitag Vormittag ein scientific talk durch Prof. C. N. Likos, Universität Wien.

Die Anreise der österreichischen Delegation nach Dänemark fand am Samstag, 09.07.2022, statt.

Anreise, Flughafen Aalborg (Foto: Marianne Korner)

Simon Marcher konnte leider krankheitsbedingt die Reise nicht antreten, somit bestand unser Team vor Ort aus den Schüler*innen Anja Piecuch, Maximilian Auer, Elias Koschier und Haolei Zhang sowie den Leaderinnen, Dr. Marianne Korner und DI Karin Galle. Simon Marcher wurde jedoch die Möglichkeit gegeben, online von zuhause aus teilzunehmen, die er auch wahrnehmen konnte. Somit konnte das Team vollständig an den Wettbewerben teilnehmen. Eine durchaus beachtete Tatsache war es, dass der Team Austria zwei Frauen als Leaderinnen hatte, was international mehr als selten der Fall ist (und in Zukunft hoffentlich auch nicht mehr als exotisch wahrgenommen werden wird).

Unser heuriges IPhO-Team setzte sich zusammen aus:

 

Schüler/innen:
auer  koschier   marcher  piecuch  zhang
Maximilian Auer
Wien, 18 Jahre
Elias Koschier
Wien, 16 Jahre
Simon Marcher
Kaindorf, 19 Jahre
Anja Piecuch
Wels, 18 Jahre
Haolei Zhang
Villach, 18 Jahre 
         
 Leaderinnen:
 korner galle 
 Marianne Korner
Wien
Karin Galle
Wien 

  

 

Es nahmen heuer 368 Schülerinnen und Schüler aus 75 Nationen aller Kontinente an diesem weltweit größten Wettbewerb zur Förderung begabter Schülerinnen und Schüler im Bereich der Physik teil. Schüler aus Russland und Weißrussland traten zusätzlich ohne Länderkennung an.


Eckpunkte des Programms zur 52. IPhO 2022 – Dänemark onsite

09.07.2022        Anreise nach Dänemark

10.07.2022        Opening Ceremony (online, Dänemark) und Diskussion/Übersetzung der experimentellen Aufgabenstellungen

11.07.2022        Experimenteller Wettbewerb

12.07.2022        Diskussion/Übersetzung der theoretischen Aufgabenstellungen

13.07.2022        Theoretischer Wettbewerb; Abends: Karaokesingen

14.07.2022        Korrektur durch Leader / Ausflug zum Strand, Heimreise zweier Schüler (siehe weiter unten)

15.07.2022        Scientific Talk (Prof. Likos, Universität Wien) online, Moderations; Freizeitprogramm für die Schüler*innen

16.07.2022        Exkursionsprogramm zu nahegelegenen Sehenswürdigkeiten, International Board Meeting

17.07.2022        Closing Ceremony (online, Dänemark), Reinigung der Internatsräumlichkeiten

18.07.2022        Heimreise

 

Die Rückreise erfolgte in zwei Gruppen: Da die Vielbeschäftigten Elias Koschier und Haolei Zhang in weiterer Folge am IYPT (International Young Physicists Tournament) in Rumänien teilnahmen, haben sie Dänemark bereits am Donnerstag, 14.07.2022, verlassen; die restliche Gruppe trat die Heimreise am Montag, 18.07.2022, an.

Team Austria bei der IPhO in Dänemark:  hinten v. li n. re: Anja Piecuch, Haolei Zhang; vorne: Maximilian Auer, Elias Koschier; Simon Marcher nahm online teil;  (Foto: Elias Koschier)

 

Erfolge des österreichischen Teams, 52. IPhO-2022

Statutengemäß wurden für die experimentelle Klausur maximal 20 Punkte vergeben und für die theoretische Klausur maximal 30 Punkte, was insgesamt maximal 50 Punkte ausmacht, die nach einem im Vorhinein festgelegten Korrekturschlüssel (marking scheme) zu vergeben waren.

Statutengemäß ergaben sich daher für die einzelnen Preisränge folgende Punktegrenzen:

 Punktegrenze Preis
≥ 23,70 Goldmedaille 
≥ 16,05   Silbermedaille
≥ 11,65  Bronzemedaille
 ≥ 7,15 Honourable Mention

 

Die im Vergleich zu den Vorjahren niedrigen Punktegrenzen spiegeln das hohe Niveau und den Umfang der Aufgabenstellungen wider.

Nr. Familienname Vorname  Punkte  Preis 
AUT-S2 Koschier Elias  8,25 Honourable Mention
AUT-S5 Zhang Haolei  7,65 Honourable Mention
AUT-S3 Marcher Simon  7,60 Honourable Mention
AUT-S1 Auer Maximilian  5,95  erfolgreich teilgenommen
AUT-S4 Piecuch Anja  4,90 erfolgreich teilgenommen 

 

Herzliche Gratulation zu diesen hervorragenden Leistungen!

Bei der 52. IPhO erreichte ein Schüler aus China mit 43,20 Punkten die höchste Punkteanzahl und wurde als Overall-Winner gefeiert. Diese Maximalpunktezahl liegt deutlich unter dem Wert der letzten Jahre.

Die Aufgabenstellungen bei dieser 52. IPhO 2021 waren trotz der enorm kurzen Vorbereitungszeit von zweieinhalb Monaten durch die Schweizer Organisatoren in internationaler Zusammenarbeit mit dem IPHO Sekretariat exzellent vorbereitet, wenn auch im Umfang an der oberen Skala der Messlatte. Wegen der Durchführung als Online-Wettbewerb waren die Experimente durch Simulationen ähnlich wie bei den vergangenen EUPHOs (2020, 2021) online zu bearbeiten.

Das Niveau der IPhO-Aufgaben ist weit über dem der Schule und würde auch für die meisten Physik-Bachelor-Studenten eine große Herausforderung darstellen.

Insgesamt wurden vergeben:
39-mal Gold; 71-mal Silber; 97-mal Bronze; 95-mal Honourable Mentions.

Internationale Physikolympiade 2023

Der Wettbewerb wird von 10. – 17.07.2023 in Tokyo, Japan stattfinden. Die Delegation aus Georgien hat angeboten, als Ersatz-Austragungsort zur Verfügung zu stehen, sollten widere Umstände eine Reise bzw. Einreise nach Japan verhindern.

Die Aufgabenstellungen

Die (etwa 140) Leader aus aller Welt versammelten sich in zwei mehrstündigen Online-Meetings, um die Aufgabenstellungen zu diskutieren und zu präzisieren, bis jeweils eine final version entstand. Diese wurde dann in die Landessprachen übersetzt, wobei uns Leadern heuer ein nochmals verbessertes Übersetzungstool zur Verfügung stand.

Währenddessen wurden die Schülerinnen und Schüler, die alle elektronischen Geräte, wie Handys, Tablets usw. vor den Wettbewerben abgeben mussten, in Stidsholt durch die Organisatoren gut beschäftigt, damit die Leader/innen ungestört arbeiten konnten und keine Information nach außen drang.

Am 11.07.2022 fand der experimentelle Wettbewerb statt, der aus zwei online-Experimenten bestand. Sie widmeten sich mithilfe einer Simulationssoftware einerseits der Erforschung eines unbekannten Planeten, von dem z.B. Masse, Radius, Dichte der Atmosphäre und Rotationsdauer durch Fallexperimente mit geeigneten Fallkörpern zu bestimmen war. Dabei konnte die Abwurfhöhe von einem 2000 m (!) hohen Turm variiert werden, sowie die Parameter Durchmesser und Dichte der Wurfobjekte. Somit war es den contestants überlassen, für die eine oder andere Aufgabenstellung jene Einstellungen zu wählen, die im Rahmen des gewünschten Modells die präzisesten Ergebnisse lieferten. Im zweiten Experiment waren die Eigenschaften einer zylindrischen Diode zu untersuchen, indem die geometrischen Eigenschaften (z.B. Längen, Radii) variiert wurden und der sich daraus ergebende maximale Strom über die Simulation gemessen wurde. Hier war auch eine Analyse unbekannter Exponenten in der Gleichung für den maximalen Strom durchzuführen, was ebenfalls in die Identifizierung geeigneter Parameter mündete und danach in eine Linearisierung der Daten.

Die theoretischen Aufgaben waren in Summe sehr lang und anspruchsvoll. Sie widmeten sich thematisch dem James-Webb-Telescope, das genau am Tag des Wettbewerbs seine ersten Bilder der Öffentlichkeit vorstellte. So waren Untersuchungen der optischen Eigenschaften sowie Anforderungen an die aktive und passive Kühlung der IR-CCD-Kamera durchzuführen. Die zweite Aufgabe bestand in Berechnungen zu einzelnen und Ketten von NdFeB-Magneten. Der dritte Aufgabenblock behandelte sogenannten Scaling-laws-Probleme. Hier wird untersucht, wie sich Eigenschaften eines Systems ändern, wenn ein Parameter variiert wird, z.B. wie sich die die Bruchfestigkeit von Spaghetti ändert, wenn deren Durchmesser verzehnfacht wird; oder wie sich die Festigkeit von Sand (-burgen!) ändert, wenn der Korndurchmesser verkleinert wird. Die Scaling-laws-Probleme stellen sehr schöne Aufgaben dar, für deren Bearbeitung der Fokus auf der Physik liegt und weniger auf physikalischer Buchhaltung oder mathematischen Fingerübungen.

Alles in allem war die Teilnahme an der IPhO-2022 ein sehr schönes Erlebnis, das abseits der akademischen Herausforderungen enorm zum Entstehen von Freundschaften, sowohl unter den Schüler/innen, wie unter den Leader/innen beigetragen hat.

weitere Impressionen aus Dänemark


Am Strand bei Sæby, Lyngså Strand. (Foto: Marianne Korner)

Am Strand bei Sæby, Lyngså Strand: Verabschiedung. (Foto: Marianne Korner)

 

Bericht von Marianna Korner, Teamleaderin