... schöner ist es Physik mit Freunden zu machen.
Ein Bericht vom Finale der 41. Österreichischen Physik-Olympiade in Leoben 2022.
Der Bundeswettbewerb 2 der Physikolympiade ist wie ein mächtiger Berg. Aus der Ferne wirkt er bezwingbar, wenn man dann aber kurz davorsteht, dann baut er sich in all seiner Mächtigkeit scheinbar unüberwindbar vor einem auf. Und trotzdem wagt sich jedes Jahr eine kleine Gruppe von jungen Talenten daran, die Hänge zu erklimmen, in der Hoffnung schließlich die Aussicht auf dem Gipfel zu genießen. Dieses Jahr waren es 13 Jugendliche, die sich der Herausforderung stellten und am 24.04.2022 aus allen Himmelsrichtungen in Leoben anreisten.
Schon am Montag, wenig gestärkt durch eine durchwachte Nacht, begann um 8:30 Uhr der Experimentierteil des Wettbewerbs. 3 Experimente zum Brechungsindex einer Kreisscheibe (Optik/modifiziertes IPHO-Experiment), zur Resonanzfrequenz eines Schwingkreises (Elektrizität und Magnetismus) und zur Oberflächenspannung von Wasser (Mechanik). In der kurzen Zeit (1,5h pro Experiment) aussagekräftige Werte zu messen und zu interpretieren, ist wie eine überhängende Steilwand zu erklimmen, um bei unserer Bergsteigeranalogie zu bleiben.
Doch für die Müdigkeit blieb genauso wenig Zeit wie für Erholung. Im Folgenden sollten nur einige Highlights des fünfstündigen Theorieteils genannt sein. Denn die Bestimmung der Bahn des James Webb Space Telescope in einem der fünf Lagrange-Punkt, komplexe Wechselstromrechnung in Gasentladungslampen und die Schwingung eines adiabatischen Gas-Kugel-Systems sind nur die Spitze des Eisbergs. Der theoretische Teil des Wettbewerbs hatte z.B. durch die Berechnung von Sicherungen auch eine wichtige praktische Dimension. Nachdem wir aber diese finale Felswand überwunden hatten, war nicht nur der ganze Druck plötzlich weg, sondern auch die Sonne schien uns entgegen (im übertragenen Sinn, denn draußen regnete es).
Zusammenfassend hat jeder auf seinem ganz eigenen, kreativen Weg das physikalische Gebirgsmassiv überwunden. Und es hat Spaß gemacht! Die ausnahmslos ausgezeichneten Leistungen spiegeln sich auch in der engen Punkteverteilung wieder. Leider können sich nur fünf für die weiteren internationalen Wettbewerbe qualifizieren. Simon Marcher, Jakob Schranz, Maximilian Auer, Haolei Zhang und Lukas Gabriel dürfen dieses Jahr Österreich bei der Europäischen Physikolympiade (das 1. Mal in Präsenz) und bei der Internationalen Physikolympiade repräsentieren. Besonders hervorzuheben sind die Leistungen der 6.-Klässler, die manche 8.-Klässler klar auf die Plätze verwiesen. Gefeiert wurden die Ausnahmeleistungen im Festsaal der Leobener Montanuniversität mit Medaillen, Urkunden, Schokolade, herzlichen Gratulationen und einer richtig guten Stimmung.
Der gewaltige Aufwand für die Physikolympiade war aber für niemanden umsonst, denn neben dem weiten erarbeiten Wissen, sind Freundschaften entstanden. Die Teilnehmer in diesem Jahr waren keineswegs introvertierte, überehrgeizige Streber, sondern aufrichtige, authentische und einfach richtig coole Menschen, mit denen das Training einfach auch richtig Spaß gemacht hat. Als Treffpunkt für die sozialen Aktivitäten diente das Abendessen und das dichte Freizeitprogramm (Besuch von Aussichtstürmen und vom Gösser-Braumuseum). Die Stimmung war immer bestens und unsere ausschweifenden Diskussionen hatten meist nur im Fernsten mit Physik zu tun. Gemeinsam haben wir die Schwächen der Einzelnen akzeptiert und sie durch unsere Stärken ausgebessert. Es hat sich eine schöne Gruppendynamik entwickelt, die über die Physikolympiade hinausgeht. Z.B. planen einige von uns schone eine gemeinsame Reise im Sommer. So war es dann richtig schade, dass wir den Wettbewerb gegeneinander schreiben mussten, denn eigentlich hätten wir uns den Sieg alle gegenseitig gegönnt. Und ich bin mir ganz sicher, dass, wenn die IPHO ein Teamwettbewerb wäre, Österreich den Sieg schon sicher hätte…
Vielen Dank an dieser Stelle an unsere großartigen Bundestrainer mit ihrer weitreichenden Expertise, an die Montanuniversität Leoben und an das Europagymnasium in Leoben, in dem wir ideale Bedingungen für den Wettbewerb vorfinden durften! Und weil ich nächstes Jahr nicht mehr dabei sein werde, wünsche ich allen Teilnehmern nächstes Jahr viel Glück!
Bericht von Maximilian Auer, 3. Platz beim BWB2